Donnerstag, 19. Juni 2025

Kolumne: Zum SPD-Manifest

Zum SPD-Manifest


„Friedenssicherung in Europa durch Verteidigungsfähigkeit, Rüstungskontrolle und Verständigung“
Wer hätte wohl etwas dagegen? Fragt sich wie!
Nicht nur die Schöpfer des Manifests, die „SPD-Friedenskreise“, sehen die Gewalt und Verletzung der Humanität durch den russischen Krieg gegen die Ukraine, aber: Putin hat aus seiner Sicht keinen Krieg gegen ein souveränes Land geführt, sondern führt eine Spezialoperation „Heim ins Reich“ für die Ukrainer. Putin wird sich nicht durch „SPD-Friedenskreise“ von seinem Ziel abbringen lassen, die Ukrainer von der „Naziherrschaft“ zu befreien.

Wenn Europa und besonders Deutschland es nicht schaffen, die „Spezialoperationen‚ „Heim ins Reich“ zu beenden, werden die souverän gewordenen Staaten im Baltikum, Polen und die anderen „Warschauer Pakt“-Staaten inklusive der ostdeutschen Bundesländer „Heim ins Reich“ geholt.

Wieviele ukrainische Soldaten und Zivilisten hätten wohl nicht sterben müssen, wenn der damalige Bundeskanzler frühzeitig die Waffen geliefert hätte, die möglicherweise Putin hätten aufhalten können? Scholz ist in seiner Haltung sicher von den Verfassern des Manifests bestätigt worden, zuvörderst von Ralf Stegner und Rolf Mützenich, den Erstunterzeichnern des Manifests.

Zu Recht beklagt das Manifest die fundamentale Verletzung der Menschenrechte im Gazastreifen. Mit keinem Wort wird der bestialische Angriff auf friedliche, zum Teil feiernde Menschen durch die Hamas erwähnt. Das soll keine Rechtfertigung dafür sein, dass Netanjahu die Menschen im Gazastreifen, Männer, Frauen und Kinder, hin und her hetzt, während seine Soldateska ihre möglichen Schutzräume bombardiert. Nicht erst wenn Netanjahu seinen Vernichtungsfeldzug beendet hat, ist der Gazastreifen für Generationen unbewohnbar – eine Wüste.

Wie im Manifest erkennt, wer hinschaut, dass die „soziale Spaltung der Welt tiefer wird, in den Gesellschaften und zwischen den Gesellschaften. Die vom Menschen gemachte Krise des Erd- und Klimasystems, die Zerstörung der Ernährungsgrundlagen und neue Formen von Kolonialismus um Rohstoffe bedrohen den Frieden und die Sicherheit der Menschen. Nicht zuletzt versuchen Nationalisten, Unsicherheiten, Konflikte und Kriege für ihre schäbigen Interessen zu nutzen.“ Aber die Unterzeichner des Manifests hatten oder haben alle Positionen, in denen sie sich zur Beseitigung, zumindest zur Abschwächung des Beklagten hätten einsetzen können.

Die Manifester beklagen: In Deutschland und den meisten europäischen Staaten hätte sich eine militärische Konfrontationsstrategie mit hunderten von Milliarden Euro an Aufrüstung durchgesetzt. Der Zwang zu immer mehr Rüstung und zur Vorbereitung auf einen angeblich drohenden Krieg wird beschworen, statt notwendige Verteidigungsfähigkeit mit einer Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik zu verknüpfen, um gemeinsame Sicherheit und gegenseitige Friedensfähigkeit zu erreichen. Das Konzept der gemeinsamen Sicherheit habe auch dem zwischen US-Präsident Ronald Reagan und dem Generalsekretär der KPdSU zugrunde gelegen.

In der Ukraine findet kein „angeblicher Krieg“ statt, sondern ein blutiger Vernichtungskrieg in einem Land, mit einer Bevölkerung, die zu lange unter der russischen (sowjetischen) Diktatur gelitten hat und diese keinesfalls zurückhaben will. Dazu ist sie zu jedem Opfer bereit.
Beide, Reagan und Gorbatschow, wollten die gemeinsame Sicherheit. Putin, seine Entourage und Zweidrittel der russischen Bevölkerung sind dagegen verantwortlich bzw. finden den Krieg gegen die Ukraine gerechtfertigt, weil alle der „Großrussland-Ideologie“ folgen. Reagan und Gorbatschow haben weder in Tschetschenien, Georgien, Syrien Kriege geführt, noch die Krim erobert. Sie haben keine Söldner (Wagner) nach Afrika geschickt, um Staaten zu destabilisieren und massenhaft Menschen zu töten.

Die Manifester sehen: militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme, die keine Sicherheit schaffen, sondern Destabilisierung.
Sie glauben, acht zentrale Elemente für eine zukunftsfähige Friedens- und Sicherheitspolitik zu haben.

Das Töten und Sterben in der Ukraine zu beenden mit diplomatischen Mitteln. Das setzt aber Verhandlungen voraus. Mit wem, mit Lawrow oder gar Putin persönlich?
Zum ersten Element gehört der Satz: „Die Unterstützung der Ukraine in ihren völkerrechtlichen
Ansprüchen muss verknüpft werden mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität.“ (vollständig zitiert!) Wer versteht diesen Satz? Heißt er: Die Ukrainer sollen den machthunrigen Russen die Krim, Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja überlassen, damit das restliche Europa nicht „beläßtigt“ wird. Auch dann würde der Eroberungshunger nicht gestillt werden.

Weiter in den Elementen: Europa solle sich auf Sicherheitspolitik und nicht auf Aufrüstung und Kriegsvorbereitung, sondern an wirksame Verteidigungsfähigkeit orientieren. Das ist in Ordnung ohne das Wort „Kriegsvorbereitung“ weil es das in dem (noch nicht) angegriffenen Europa nicht gibt.

Über die Erhöhung des Verteidigungshaushalts in Deutschland und ob die Mittel nicht besser für Armutsbekämpfung, für Klimaschutz und gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen eingesetzt würden, kann man trefflich streiten. Armutsbekämpfung, Klimaschutz Erhalte der natürlichen Lebensgrundlagen müssen aber vom Aufbau der Verteidigungsfähigkeit unabhänbiges Ziel sein. Wie erwähnt: Die meisten der Manifester könnten dazu beitragen. Der von ihnen mitbeschlossene Koalitionsvertrag spiegelt das nicht.
Die restlichen Elemente scheinen nicht so wesentlich, dass sie hier diskutiert werden müssten.

Peter Schürkes