Gemeinsam für den Hochwasserschutz in der Erft-Region
Status Quo der Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft
- Zweite Bürgerworkshop-Serie gestartet
- Webseite der Kooperation überarbeitet
- Erklärfilm „Starkregen und Hochwasser“ veröffentlicht
- Kurzinformationen aus den Kommunen (eine Auswahl)
- Steckbrief „Drei Jahre Interkommunale Hochwasserschutzkooperation Erft (hwsErft)“
Bergheim, 16. Juni 2025 – Der Erftverband hat sich nach der Flutkatastrophe 2021 mit Vertretenden aus Kreisen und Kommunen im Erft-Einzugsgebiet zur Interkommunalen Hochwasserschutzkooperation Erft (hwsErft) zusammengeschlossen, um den Hochwasserschutz in der Region gemeinsam zu stärken. Seitdem wächst die Kooperation, erstellt Hochwasserschutzkonzepte auf kommunaler und interkommunaler Ebene, plant und setzt Maßnahmen um, klärt über Selbstvorsorge und effektiven Hochwasserschutz auf. In der Zusammenarbeit entstand jüngst der erste Erklärfilm der hwsErft, der vor Kurzem online gegangen ist. Mit ihm gibt die Kooperation eine leicht verständliche Antwort auf die Frage, was der Unterschied zwischen Starkregen und Hochwasser ist und wie die Naturereignisse zusammenhängen. Einen Kurzüberblick über die Kooperation gibt ein neu erstellter Flyer und auch die Webseite wurde umgestaltet.
Beteiligung der Bürger*innen
Die aktive Beteiligung der Bürger*innen ist entscheidend für den Erfolg des interkommunalen Hochwasserschutzprojekts. Über 80 Workshops haben bislang Transparenz in den Aktivitäten im lokalen und interkommunalen Hochwasserschutz geschaffen. Viele Bürger*innen trugen bereits durch aktive Teilnahme mit zahlreichen Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Schutzmaßnahmen bei, die von den zuständigen Fachbüros ausgewertet und in das Kartensystem „WebGIS“ eingepflegt wurden. In einigen Kommunen begann vor Kurzem die zweite Workshop-Serie, bei der die Maßnahmen vor der Finalisierung der kommunalen Konzepte vorgestellt werden, in anderen Kommunen hat die erste Workshop-Serie im Frühjahr 2025 gerade begonnen.
Geplante interkommunale Maßnahmen
Zur Realisierung von weiteren Hochwasserrückhaltebecken (HRB) steht der Erftverband in engem Austausch mit den Landkreisen und der Bezirksregierung Köln, um die Planungs- und Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Folgende interkommunale
Hochwasserschutzmaßnahmen sind in Projektierung bzw. Umsetzung:
HRB Kommerner Mühlensee
Der Kommerner Mühlensee liegt unmittelbar oberhalb der Mechernicher Ortslage Kommern, die in der Vergangenheit schon mehrfach von Hochwasser betroffen war. Der künstliche See wird vom Bleibach durchflossen. Um sein Volumen optimal für den Hochwasserschutz nutzen zu können, wird der See in ein Hochwasserrückhaltebecken ohne Dauerstau umgestaltet. Hierbei wird in der Planung einerseits darauf abgezielt, das für den Hochwasserschutz zur Verfügung stehende Volumen möglichst zu vergrößern und andererseits Raum zur Naherholung zu erhalten. Mit dem 7,5 m hohen Damm wird auf einer Fläche von rund 25.000 m² ein Rückhaltevolumen von zirka 95.000 m³ geschaffen. Das Projekt befindet sich im Genehmigungsverfahren. Baubeginn ist voraussichtlich Ende 2025, die geplante Fertigstellung Ende 2026. https://hws-kooperation.erftverband.de/hochwasserrueckhaltebecken-kommerner-muehlensee/
HRB Schwerfen
Im Rotbachtal zwischen Zülpich-Schwerfen und Mechernich-Eicks wird ein neues HRB mit einem Hochwasserrückhalteraum in der Größenordnung von 229.000 m³ zum Schutz der Ortslagen unterhalb projektiert. Dazu soll ein etwa 10 m hohes Dammbauwerk errichtet werden, vor dem der Rotbach im Hochwasserfall aufgestaut und der unterwasserseitige Abfluss auf ein schadloses Maß gedrosselt wird. Zu Beginn des Jahres 2024 starteten die Kartierarbeiten, um das faunistische Artenspektrum des Rotbachtals zu ermitteln. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen im weiteren Projektverlauf als Grundlage für planerische Entscheidungsprozesse und für die Planung der notwendigen Ausgleichs- und Artenschutzmaßnahmen.
Im Mai 2024 startete die Objektplanung. In der Vorplanung wurden verschiedene Planungsvarianten untersucht und eine Vorzugsvariante identifiziert. Diese sieht vor, den Damm an eine in das Tal vorspringende Kuppe anzuschließen, wodurch die bestehende Topographie ausgenutzt wird. In den Damm wird ein Auslassbauwerk integriert, in dem ein Ökodurchlass, der Betriebsauslass und die Hochwasserentlastungsanlage vereint sind. Da es sich um ein »grünes« Becken ohne Dauerstau handelt, ist der Beckenraum in der Regel trocken. In diesem Fall sind der Ökodurchlass und der Betriebsauslass geöffnet, damit das Bauwerk von terrestrischen und aquatischen Lebewesen passiert werden kann. Tritt ein Hochwasser auf, das den schadlosen Abfluss von 12 m³/s überschreitet, wird der Abfluss nur noch über den Betriebsauslass abgegeben und das Becken wird eingestaut. Im seltenen Fall eines Überschreitens des Stauziels wird das Wasser zum Schutz des Damms zusätzlich über zwei Stauklappen im oberen Bauwerksteil abgegeben. Als zusätzliche Sicherheit ist eine Dammscharte vorgesehen, wodurch der Damm im Extremfall in diesem Bereich schadlos überströmt werden kann. Die Einreichung der Planfeststellungsunterlagen ist für Ende 2025 geplant.
HRB Möschemer Mühle
Oberhalb der Einmündungen von Swist und Veybach ist der Eschweiler Bach – gemessen an seiner Einzugsgebietsgröße – der größte Zufluss zur Erft. Das Planungsgebiet für das projektierte Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Möschemer Mühle befindet sich am unteren Ausgang des Eschweiler Bachtals, etwa 1 km Luftlinie südöstlich der Ortslage Eschweiler und rund 1,5 km nordwestlich des Ortszentrums von Bad Münstereifel. An diesem Standort kann durch einen Talschluss in Form eines Erddammes ein Rückhaltevolumen von etwa 500.000 m³ geschaffen werden, wodurch die Abflussspitzen des Eschweiler Baches, der zirka 500 m weiter östlich in die obere Erft mündet, erheblich gekappt werden können. Die fachliche Herausforderung des Projektes HRB Möschemer Mühle besteht darin, über die Abflussregulierung eines Nebengewässers (Eschweiler Bach) eine maximal mögliche Reduktion von Abflussspitzen im Hauptgewässer (Erft) zu erzielen. Ein optimiertes Zusammenwirken mit dem bestehenden HRB Eicherscheid, das sich südlich der Ortslage Bad Münstereifel befindet, muss gewährleistet und abgestimmt sein. Daher dürften die erforderlichen hydrologischen Untersuchungen und die Entwicklung optimaler Abgabestrategien zur Steuerung der zur Verfügung stehenden Rückhalteräume voraussichtlich deutlich komplexer und aufwändiger sein, als bei vielen anderen Hochwasserrückhaltebecken.
Erste Voruntersuchungen des Erftverbandes zeigen positive Effekte: Mit dem HRB Möschemer Mühle können die Überflutungsgefahren durch die Erft in den unterliegenden Ortslagen Iversheim, Arloff, Kreuzweingarten und Stotzheim signifikant reduziert werden. Die positive Wirkung erstreckt sich zudem bis zum HRB Horchheim, das etwa 21 km unterhalb liegt. Für das HRB Möschemer Mühle ist ein Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Verfahrensführende Behörde ist die Bezirksregierung Köln. Der Erftverband schreibt derzeit die Planungsleistungen europaweit aus.
HRB Schweinheim
Unterstützend zu den Planungen des Betreibers der Steinbachtalsperre projektiert der Erftverband am Sürstbach das HRB Schweinheim oberhalb der gleichnamigen Ortschaft im Stadtgebiet von Euskirchen. Der Sürstbach hat ein ähnlich großes Einzugsgebiet wie der Steinbach. Beide Gewässer fließen in der Ortschaft Schweinheim zusammen und bilden den Orbach. Das HRB Schweinheim soll zusätzlichen Rückhalt (max. 440.000 m³) schaffen, um den gesamten Verlauf des Orbachs und auch den Unterlauf der Swist im Hochwasserfall zu entlasten. Erste liegenschaftliche Abstimmungen sind bereits erfolgt Den Scopingtermin hat die Bezirksregierung Köln als verfahrensführende Behörde Anfang April durchgeführt.
Hochwasserabschlag in den Zülpicher Wassersportsee
Am Zülpicher Wassersportsee wird zwischen den Zülpicher Ortslagen Floren und Lövenich am Vlattener Bach ein zirka 140 m langer Hochwasserabschlag in den Wassersportsee gebaut. Hierdurch wird auf einer Staufläche von rund 83 ha ein Retentionsvolumen von etwa 800.000 m³ zum Hochwasserrückhalt genutzt. Der Baubeginn erfolgte im Dezember 2024. Der erste Bauabschnitt ist bereits abgeschlossen. Die Fertigstellung des Abschlagbauwerkes ist für Ende 2025 geplant. https://www.erftverband.de/zuelpicher-wassersportsee/
Alle Hochwassergefahrenkarten und HRB sind auf der interaktiven Karte auf
https://hws-kooperation.erftverband.de/#qgis zu finden.
Parallel konnten in den Kommunen wichtige Schritte hin zu den interkommunal abgestimmten Hochwasserschutzkonzepten eingeleitet werden.
Die Arbeitsergebnisse der hwsErft demonstrieren, wie durch gemeinschaftliche Koordination, Expert*innenwissen und Engagement der Bevölkerung ein effektiver und zukunftsorientierter Hochwasserschutz realisiert werden kann.
Kurzinfo aus der Stadt Rheinbach
Die Stadt Rheinbach verfolgt beim Schutz vor Starkregen und Hochwasser einen ganzheitlichen Ansatz, der kommunale Maßnahmen, interkommunale Zusammenarbeit und private Vorsorge miteinander verbindet. Für den akuten Schutz wurden mobile Hochwasserschutzsysteme angeschafft, die im Ernstfall von der Freiwilligen Feuerwehr, Beschäftigten des Betriebshofs oder geschulten Anwohnenden aufgebaut werden können. Fließgewässer werden regelmäßig gepflegt und durch Maßnahmen wie Uferschnitte, Bachsohlenarbeiten und Renaturierungen sowohl im Hinblick auf Hochwasserschutz als auch auf den Naturschutz optimiert. Um Wasser gezielt in die Swist abzuleiten, werden für den Ortsteil Flerzheim zusätzlich Hochleistungspumpen angeschafft. Neue Retentionsflächen ergänzen die Strategie zur Verbesserung der Abflussleistung.
Zentral ist die Einbindung der Bürger*innen: Über 500 Maßnahmenvorschläge aus Workshops fließen aktuell in die zweite Phase des Beteiligungsprozesses ein. Ziel ist ein umfassendes Rheinbacher Hochwasser- und Starkregenschutzkonzept bis Ende 2025. Informationsangebote wie der Aktionstag „Gemeinsam stark“, die Starkregenkarte und Hinweise zur Eigenvorsorge stärken die private Vorsorge. Die online verfügbare Starkregenkarte sowie künftig aktualisierte Hochwassergefahrenkarten helfen Bürger*innen, individuelle Risiken besser einzuschätzen und Vorkehrungen zu treffen.
Weitere aktuelle Informationen auf https://www.rheinbach.de/starkregenvorsorge-und-hochwasserschutz.