Samstag, 27. August 2022

Energieversorgung: Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger lobt „ambitionierte Forschungsprojekte“ der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

Besuch im Wasserstofflabor: Hochschulpräsident Hartmut Ihne, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Professorin Dr. Tanja Clees (von links). Foto: Martin Schulz/H-BRS

Energieversorgung: Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger lobt „ambitionierte Forschungsprojekte“ der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg


Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat sich an diesem Freitag ein Bild von aktuellen Forschungsprojekten an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) gemacht. Im Mittelpunkt standen die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung – so besichtigte sie bei einem Rundgang unter anderem das Wasserstoff- und das Leistungselektroniklabor sowie den Showroom des Instituts für Visual Computing.

„Deutschland braucht in Zukunft eine zuverlässige, bezahlbare und saubere Energieversorgung. Deshalb will ich unser Land zur Wasserstoffrepublik machen. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg verfolgt auf diesem Gebiet ambitionierte Forschungsprojekte, die dafür sehr wichtig sind“, sagte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger. „Es ist unser Ziel, in ein Innovationsjahrzehnt aufzubrechen. Dabei spielen gerade die Hochschulen für Angewandte Forschung als Brückenbauer eine wichtige Rolle. Sie überwinden die Grenzen von Theorie und Praxis, von Forschung und Anwendung, von Wissenschaft und Wirtschaft.“

„Wir freuen uns, dass wir der Bundesforschungsministerin demonstrieren durften, wie forschungsstark unsere Hochschule ist“, sagte Hochschulpräsident Hartmut Ihne. „Das bestärkt uns weiter auf unserem Weg.“ Kürzlich hatte schon der Wissenschaftsrat der NRW-Landesregierung empfohlen, dem Promotionskolleg NRW, dem auch die H-BRS angehört, das eigenständige Promotionsrecht zu verleihen. „Das zeigt, dass die Forschung an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften höchste wissenschaftliche Ansprüche erfüllt“, so der Hochschulpräsident.

Als ein Schlüsselelement der Energiewende soll klimafreundlich hergestellter Wasserstoff, insbesondere aus erneuerbaren Energien, etabliert werden und eine entscheidende Rolle beim Erreichen der Klimaziele spielen. Das sieht die „Nationale Wasserstoffstrategie“ der Bundesregierung vor. Die H-BRS ist gleich an zwei von drei Wasserstoff-Leitprojekten beteiligt, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Diese beiden Forschungsprojekte bildeten einen Schwerpunkt bei Stark-Watzingers Besuch.

Im Projekt „MechaMod“ unter der Leitung von Professorin Dr. Tanja Clees, das zum Forschungsverbund „Systemanalyse“ des Leitprojekts „TransHyDE“ gehört, beschreibt und simuliert die H-BRS detailliert das Verhalten wichtiger Anlagen in kommenden Wasserstoffnetzen und ihre Kopplung mit Stromnetzen. Damit schafft die Forschungsprofessorin vom Institut für Technik, Ressourcenschonung und Energieeffizienz (TREE) eine Grundlage für weitere Untersuchungen einer Netzinfrastruktur für Wasserstoff. Diese neue Netzinfrastruktur soll im Wesentlichen aus umgewidmeten Erdgasleitungen bestehen.

Um die Wasserstoffgewinnung kostengünstiger, zuverlässiger und nachhaltiger zu gestalten sowie die Stromnetzstabilität und -qualität zu erhöhen, entwickelt die H-BRS im Forschungsprojekt „HyLeiT“ unter der Leitung von Professor Dr. Marco Jung mögliche Stromrichtertopologien für den Elektrolyseurgleichrichter und untersucht innovative Halbleiter-Bauelemente sowie magnetische Bauteile. Stromrichtertopologien für Elektrolyseure bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Diese „Schaltungen“ stellen den elektrischen Strom für den Elektrolyseprozess zur Verfügung, bei dem Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird.

Ein weiterer Schwerpunkt beim Besuch der Ministerin lag auf dem Thema Digitalisierung. So besichtigte sie den Showroom des Instituts für Visual Computing. Dort demonstrierten Professor Dr. André Hinkenjann und sein Team, wie sich Twitter-Nachrichten und komplexe soziale Netzwerke interaktiv analysieren lassen. Die Methoden können auch auf andere Anwendungen übertragen werden, wie die Visualisierung von Source-Code-Abhängigkeiten in großen Softwaresystemen.

Wie vielfältig die Forschung an der H-BRS ist, hatten zuvor weitere Forschende deutlich gemacht. Professor Dr. Peter-Michael Kaul präsentierte sein Projekt „OptoSpin“, in dem neuartige Sensoren unter Nutzung von Flüssigkristallen entwickelt werden. Ziel hierbei ist es, dass durch einen Farbwechsel Gefahrenstoffe mit bloßem Auge erkannt werden können. Ein möglicher Einsatz in der Praxis: Sicherheitskräfte könnten die neue Entwicklung als Schnelltest zum Beispiel bei dem Verdacht von Giftstoffen nutzen. Im Projekt „D’accord“ entwickeln Professor Dr. Luigi Lo Iacono und sein Team ein Datenschutz-Cockpit für digitale Ökosysteme, also (Verkaufs-) Plattformen im Internet. Dadurch soll vor allem kleineren Firmen rechtssichere Lösungen in Form von Privacy-Standardsoftware angeboten werden. Und Professorin Dr. Wiltrud Terlau und Professor Dr. Martin Hamer untersuchen mit weiteren Forschenden des Internationalen Zentrums für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) in dem Projekt „Kluger Transfer“ am Beispiel von Klima, Umwelt und Gesundheit, wie der Wissenstransfer aus der Forschung über eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft besser und schneller gelingen kann. Die H-BRS arbeitet hier mit dem Max-Planck-Institut für Chemie (MPIC) in Mainz zusammen.

Der Transfer ist grundsätzlich eine Stärke der H-BRS und der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften im Allgemeinen. So tauschten sich Ministerin und Hochschulpräsident auch über die geplante neue Agentur für Forschung und Innovation, kurz „DATI“, aus. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hatte im Frühjahr die geplanten Eckpunkte veröffentlicht. „Wir setzen große Hoffnungen in die DATI und hoffen, dass sie schnell an den Start geht“, betonte Ihne. „Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften können und wollen wichtige Beiträge zur Gestaltung regionaler Innovationsökosysteme leisten. Dafür brauchen wir aber auch entsprechende Fördergelder.“

Die H-BRS ist eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften, an der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 16 Instituten sowie in den Fachbereichen auf höchstem wissenschaftlichem Niveau forschen. Themen sind unter anderem Nachhaltigkeit, zivile Sicherheit und Datenvisualisierung. Im Zeitraum 2016 bis 2022 wurden und werden allein 39 Forschungsvorhaben durch das BMBF gefördert. Die Gesamtzahl der geförderten Projekte beläuft sich auf über 100 Vorhaben. Förderer sind Bund, Land, DFG, EU und Stiftungen. Neun Professorinnen und Professoren haben als Forschungsprofessorinnen und Forschungsprofessoren ein reduziertes Lehrdeputat, um sich intensiv ihren Forschungsvorhaben widmen zu können.

An der H-BRS laufen derzeit mehr als 90 Promotionsverfahren als kooperative Promotionen, der größte Teil davon in Zusammenarbeit mit dem Promotionskolleg Nordrhein-Westfalen, in dem mehr als 30 Kolleginnen und Kollegen der Hochschule in den Fachgruppen arbeiten. Das hochschuleigene Graduierteninstitut unterstützt und fördert bereits seit 2010 die Promovierenden und ihre Betreuerinnen und Betreuer der Hochschule durch Fortbildungs- und Vernetzungsangebote.