Montag, 31. Januar 2022

Werden Spazierwege im Rheinbacher Stadtwald gesperrt?




Werden Spazierwege im Rheinbacher Stadtwald gesperrt?

Gegen Expertenrat: CDU und Grüne bestehen auf 20 % Urwald im FFH-Gebiet

Im Ausschuss für Umwelt und Mobilität am 27. Januar wurde der Antrag von CDU und Grünen zur ökologischen Aufwertung des Rheinbacher Waldes beraten. Hauptziel des Antrags ist es, 20 % der Rheinbacher Waldfläche, das sind 160 Hektar, aus der Bewirtschaftung zu nehmen. Diese Fläche soll allein im FFH-Gebiet liegen und nicht mehr bewirtschaftet werden, damit ein Urwald entstehen kann. „Man möchte sehen, wie sich der Wald ohne menschlichen Einfluss in 100 Jahren entwickelt“, so der schwarz-grüne Plan. In dem zur Diskussion stehenden Bereich liegen die Pilger-Weiher bis hinauf nach Merzbach und Hilberath – ein bei Jung und Alt beliebtes Naherholungsgebiet. Ein Urwald bedeutet, dass dort keine Pflege durch die Forstarbeiter erfolgt und keine Bäume gefällt werden dürfen. Die Flächen werden dem menschlichen Einfluss entzogen, was das Betreten dieses Bereichs für Spaziergänger gefährlich macht, denn morsche Bäume am Wegesrand können umfallen, und abgestorbene Äste werden nicht mehr entfernt. Auf Nachfrage, wie man sich die Auswirkungen für Erholungssuchende in einem Urwald vorzustellen hat, befürchtet Forstamtsleiter Schütte vom Regionalfortsamt Rhein-Sieg-Erft, „dass Sperrungen für Waldbesucher sehr wahrscheinlich seien“. Die schwarz-grüne Mehrheit, die diesen Antrag eingebracht hat, erklärte darauf hin, dass es sowieso zu viele Waldwege im Rheinbacher Forst gäbe.

Rhein-Sieg-Erft Forstamtsleiter Schütte verdeutlichte den Ausschussmitgliedern weiterhin, dass der Rheinbacher Wald deutschlandweit ein vielbeachtetes Vorbild für nachhaltige, ökologische Forstwirtschaft ist. Demnach sind bereits 48% der Gesamtfläche als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Zudem verfügt der Wald über einen hohen Eichenbestand mit insgesamt 32 ha Fläche, die bereits aus der Nutzung genommen wurden, damit sie neben vielen anderen ökologischen Vorteilen auch Schutz und Brutplatz für viele auch seltene Tierarten bieten. Auch verdeutlichte der Experte, dass die Hitzeperiode 2018 dem Buchenbestand stark geschadet hat und besonders ältere Bäume absterben werden. Weil der Rheinbacher Wald aber ein Mischwald mit unterschiedlichen Baumarten ist, wird dieser Verlust aufgefangen werden können. Über 113 ha Forst sind zertifiziert und werden als Sammelstelle für Saatgut genutzt. Dieses Saatgut von höchster Qualität sorgt für den Weiterbestand und die Nachzucht wichtiger Baumarten.

Auf die Frage nach dem Sinn einer „Urwaldzone“ im Rheinbacher Stadtwald antwortete Herr Schütte, dass „er keinerlei Verbesserung für Klima, Umwelt oder Biodiversität sehe und davon abrät, dem vorliegenden Antrag zu folgen. Auch Stadtförster Sebastian Tölle stellte nachdrücklich fest, „dass ein Bewirtschaftungsverzicht von Teilen des Stadtwaldes eine Verschlechterung der ökologischen Situation nach sich ziehen würde“. So habe die hitzeresistente Eiche keine Chance durch Brombeergestrüpp zu wachsen, wenn die Setzlinge nicht regelmäßig freigeschnitten würden. Nach Aussage beider Experten ist die geforderte Fläche von 160 ha Urwaldfläche im FFH-Gebiet nicht umsetzbar. Herr Tölle machte den Vorschlag, „geeignete Flächen aufzulisten, die schon heute nicht bewirtschaftet würden und weitere Flächen vorzuschlagen, bei denen auf die Bewirtschaftung verzichtet werden könnte. Das wären sicher keine 20%, aber 5-10 % könnten erreicht werden.“

Dieser Wert entspricht übrigens der Größenordnung an Urwaldfläche, die von der Bundesregierung angestrebt wird. Die Rheinbacher Fraktionen von SPD, UWG und FDP befürworteten den Vorschlag von Stadtförster Tölle und erklärten gemeinsam ihre Zustimmung. Nach zwei Sitzungsunterbrechungen von CDU und Grünen stand am Ende immer noch die Forderung nach 20% Urwald im FFH-Gebiet. Somit wurde die Errichtung des Urwalds gegen den Rat von Experten und gegen die Stimmen von SPD, UWG und FDP beschlossen.

Es steht zu befürchten, dass es in naher Zukunft nicht mehr uneingeschränkt möglich sein wird, durch den Rheinbacher Wald zu wandern, da in weiten Bereichen das Betreten zu gefährlich sein wird. Im nächsten Schritt wird der Antrag im Haupt- und Finanzausschuss am Montag, den 31.01. beraten und abschließend in der Ratssitzung am Montag, den 7. Februar.