Dienstag, 14. März 2023

„Für ein glückliches Leben braucht man eigentlich sehr wenig“

Johannes Klement Foto: H-BRS

„Für ein glückliches Leben braucht man eigentlich sehr wenig“


Ob man mit dem eigenen Leben zufrieden ist, hängt in Deutschland in hohem Maße damit zusammen, wie viel Einkommen man erwirtschaftet, um es in Konsumgüter stecken zu können. Es gibt jedoch nachhaltigere Wege, unsere Zufriedenheit zu steigern, sagt Johannes Klement von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg - sowohl für uns selbst, als auch für unseren Planeten. Klement forscht am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Hochschule zu den Themen Lebenszufriedenheit, Ethik und nachhaltige Entwicklung. Zum Weltglückstag am 20. März erklärt er im Interview, was unser Leben abseits von materiellen Dingen positiv beeinflusst.

H-BRS:
Herr Klement, was ist Glück?

Johannes Klement: Auf der einen Seite bezeichnet Glück einen Bewusstseinszustand. Das heißt, man ist glücklich, wenn man sich als glücklich erlebt oder sich glücklich fühlt. In der Forschung sprechen wir vorrangig von Lebenszufriedenheit. Auf der anderen Seite wird Glück auch als Oberbegriff für das Wohlbefinden, also das gute Leben als Ganzes, genutzt. Hier werden auch objektiv beobachtbare Faktoren wie Gesundheit oder beruflicher Erfolg mit einbezogen. Ich habe mich in meiner Forschung vor allem mit der Lebenszufriedenheit beschäftigt.

H-BRS: Was erhöht unsere Lebenszufriedenheit?

Klement: In meiner Forschung habe ich mich damit beschäftigt, welche Aspekte des Lebens die Menschen in Deutschland subjektiv glücklich machen. Das sind auf der einen Seite materielle Dinge. Menschen, die höhere Einkommen haben, oder mehr konsumieren, sind nach eigenen Angaben zufriedener mit ihrem Leben.

H-BRS: Konsum macht also glücklich?

Klement: Ja, aber nur kurzfristig. Es gibt in unserer Gesellschaft einen starken Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und der Höhe des Einkommens beziehungsweise der Menge an Konsum. Man kann allgemein sagen: Je mehr Geld eine Person in Konsumgüter stecken kann, umso glücklicher ist sie im Allgemeinen. Dieser Zustand der Zufriedenheit ist aber nicht besonders nachhaltig.

H-BRS: Wie meinen Sie das?

Klement: Die Forschung hat gezeigt, dass Glückszuwächse, die man durch Konsum erreicht, nur relativ kurz anhalten. Der belohnende Effekt, der sich nach dem Kauf einstellt, ist oft sehr flüchtig. Um ein einigermaßen glückliches Leben zu führen, braucht man eigentlich sehr wenig. Aber um das Glücksgefühl dauerhaft durch Konsumgüter zu steigern, muss man viel und regelmäßig konsumieren. Allerdings haben wir einfach nicht genügend Ressourcen auf der Erde, um diesen Lebensstil dauerhaft beizubehalten.

H-BRS: Wir sollten also andere Wege finden, um unsere Zufriedenheit zu steigern?

Klement: In einer aktuellen Studie, die ich bald veröffentlichen werde, zeige ich, dass Menschen in Deutschland, die durch Konsum Glück erfahren, im Vergleich zu eher unzufriedenen Personen mehr als doppelt so viele Ressourcen verbrauchen. Welche Konsequenzen dieser Konsum hat, können wir durch Berechnungen zum Beispiel am Erderwärmungspotenzial oder an der Landnutzung festmachen. Das müsste nicht sein. Es gibt auch viele nicht-materielle Faktoren, die die eigene Zufriedenheit steigern und einen ähnlich großen Einfluss auf unser Glücksempfinden haben, wie ihn der Konsum hat. Leider berücksichtigen wir das im Alltag zu selten.

H-BRS: Welche Faktoren sind das zum Beispiel?

Klement: Nicht-materielle Faktoren, die das Glücksempfinden steigern, sind zum Beispiel Sport, oder soziale Kontakte zu Freunden oder der Familie. Auch ein sinnstiftender Arbeitsplatz, ehrenamtliches Engagement oder ein Hobby sind Faktoren, die längerfristig positiv auf das Glück wirken, also auch in diesem Sinne nachhaltig sind. Es ist möglich, weniger zu konsumieren, und dafür mehr Zeit zu haben, um sich selbst zu verwirklichen. Wenn wir es schaffen, unser Leben auf diese Art und Weise nachhaltiger zu gestalten, käme das natürlich gleichzeitig auch zukünftigen Generationen zugute.


Zur Person

Johannes Klement ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS). Der Verhaltensökonom forscht zu den Themen Lebenszufriedenheit, Ethik und nachhaltiger Entwicklung. Darüber hinaus promoviert er am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie zum Thema Lebenszufriedenheit und ökonomisches Wachstum im Kontext sozial-ökologischer Transformationsprozesse. Sein Promotionsvorhaben wird am Wuppertal Institut für Umwelt, Klima, Energie von Prof. Dr. Uwe Schneidewind (Bergische Universität Wuppertal) betreut.