Stadtwerke Sankt Augustin und Hochschule Bonn-Rhein-Sieg vereinbaren die gemeinsame Erforschung von Photovoltaik und Energienetzen
Die Stadtwerke Sankt Augustin und die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) werden in gemeinsamen Forschungsprojekten zusammenarbeiten, um effiziente Methoden der Energieerzeugung und die künftige Nutzung der Energienetze zu erforschen. Die beiden Partner haben dazu eine Kooperationsvereinbarung für vier Jahre unterschrieben. Die Nutzung von Biogas soll ebenso untersucht werden wie die Umstellung der Erdgasnetze auf den Betrieb mit Wasserstoff. Auch alternative Mobilitätsformen haben die Partner im Blick.
Die Aufgaben der Stadtwerke Sankt Augustin sind von Natur aus vielfältig: Als kommunales Unternehmen stellt es die Versorgung der privaten Haushalte, der Wirtschaft und der öffentlichen Einrichtungen mit Strom, Gas und Wärme sicher. Es engagiert sich auch auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und bei der Elektromobilität. Zudem sind die Stadtwerke Eigentümerin der Versorgungsnetze für Strom und Gas. Die Energieträger der Zukunft und die Frage der Verteilung sind daher für das Unternehmen von hohem Interesse.
Die Hochschule mit ihrem Institut für Technik, Ressourcenschonung und Energieeffizienz (TREE) auf der anderen Seite ist eine führende Forschungseinrichtung bei der urbanen Photovoltaik, dem Design von Energienetzen und energieeffizienten Mobilitätsalternativen. Vor diesem Hintergrund haben die Stadtwerke und die Hochschule am 25. Januar eine „Rahmenvereinbarung Forschungskooperation“ besiegelt. Mit der Vereinbarung wollen die beiden in Sankt Augustin ansässigen Einrichtungen Synergieeffekte nutzen. Die Stadtwerke stellen für die gesamte Projektlaufzeit Finanz- und Sachmittel zur Verfügung, während die eigentliche Forschung in Laboren der Hochschule stattfinden wird. Die Zusammenarbeit startet am 1. April 2023 und soll über zunächst vier Jahre laufen.
Für die Hochschule unterschrieben Hochschulpräsident Hartmut Ihne und TREE-Direktor Professor Dirk Reith die Vereinbarung, für die Stadtwerke Sankt Augustin der Vorsitzende der Geschäftsführung Marcus Lübken und Geschäftsführer Harry Gersabeck.
„Wir freuen uns sehr, dass wir in den nächsten vier Jahren durch gemeinsame Forschung und Entwicklung die Energiewende ein Stück weit voranbringen können. Der Transfer zwischen Wissenschaft und Unternehmen ist ein wichtiger Baustein dafür, die sozial-ökologische Transformation zu meistern“, sagte Hochschulpräsident Hartmut Ihne. Professor Dirk Reith, der das Projekt an der H-BRS leitet, ergänzte: „Für unser Forschungsinstitut TREE von großem Interesse ist das breite Technologieportfolio und die damit verbundene Möglichkeit, Lösungsansätze ganzheitlich zu durchdenken und auszuprobieren. Die kurzen Wege werden besonders unseren Studierenden zugutekommen, da ein schneller, persönlicher Informationsaustausch zwischen Unternehmen und Hochschule ihren Arbeiten eine zusätzliche Qualität eröffnen wird.“
Auch der Geschäftsführer der Stadtwerke freute sich über die jetzt zustande gekommene Kooperation mit der Hochschule: „Mit der Gründung eigener Stadtwerke hat Sankt Augustin die Energieversorgung in die eigenen Hände genommen. Diese Entscheidung ist heute wichtiger denn je. Stets die Versorgungssicherheit mit zukunftsfähiger und klimaschonender Technologie zu gewährleisten, ist eines der gemeinsamen strategischen Ziele von den Stadtwerken Sankt Augustin und der H-BRS“, betonte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stadtwerke, Marcus Lübken, bei der Unterzeichnung der Vereinbarung. „Die H-BRS ist mit ihrer Expertise hierfür ein exzellenter Partner!“.
Über die Ziele, die mit der gemeinsamen Forschungsarbeit erreicht werden sollen, haben Stadtwerke und Hochschule klare Vorstellungen. So soll untersucht werden, welche Rolle Biogas-Anlagen in einem Verbundsystem aus unterschiedlichen Energieträgern im Gemeindegebiet spielen können. Dabei soll auch geprüft werden, ob vorhandene Gasleitungen dafür genutzt werden können. Untersucht werden soll auch, ob die regionalen Erdgasnetze auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden können. Die gemeinsame Arbeitsgruppe wird sich nicht nur die Leitungen, sondern auch die Gas-Druckregel- und Messanlagen sehr genau anschauen. Sie soll herausfinden, ob die Verteilnetze zu 100 Prozent mit dem klimaschonenden Energieträger befüllt werden können. Stadtwerke und Hochschule setzen bei der Beantwortung der Frage vor allem auf Modellrechnungen. Die Hochschule verfügt über eine anerkannte Expertise bei der Simulation von Leitungssystemen. Mittels Simulationssoftware der Arbeitsgruppe von H-BRS-Professorin Tanja Clees werden alle Bestandteile eines Wasserstoffleitungsnetzes – von der Erzeugung über die Verdichterstationen bis hin zu den Verbrauchern – im Detail modelliert und analysiert. Im Wasserstoff-Labor der Arbeitsgruppe können zudem Power-to-Gas-to-X-Kreisläufe experimentell untersucht werden.
Ein weiteres Ziel, das die Partner mit der Forschungskooperation verfolgen, ist die Untersuchung der sogenannten Sektorenkopplung am Beispiel ausgewählter Projekte in der Region. Dabei werden Sektoren wie Strom, Gebäude und Verkehr nicht isoliert voneinander betrachtet, sondern als abgestimmtes System. In dem Zusammenhang wollen Stadtwerke und Hochschule auch wissen, wie sinnvoll der Aufbau von Blockheizkraftwerken in kleineren Siedlungseinheiten ist.
Auch die Rolle der Hochschule als Bestandteil der regionalen Energieinfrastruktur soll betrachtet werden. Die H-BRS bezieht ihren gesamten Strom aus erneuerbaren Energien und produziert selbst auch Strom. In einem Lehrprojekt von Professor Dieter Franke am Fachbereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Technikjournalismus haben Studierende unlängst ermittelt, wieviel mehr Strom die Hochschule erzeugen könnte, wenn Dächer und Parkflächen mit Photovoltaikanlagen versehen würden.
Die Anlaufstelle auf Seiten der Hochschule für die Umsetzung der einzelnen Projekte ist das Zentrum für Wissenschafts- und Technologietransfer (ZWT). Die Stadtwerke Sankt Augustin beteiligen sich gemeinsam mit den im Auftrag der Stadtwerke arbeitenden Netzbetreibern Westnetz GmbH (Stromnetz) und Rhein-Sieg-Netz GmbH (Gasnetz) sowie dem Kompetenzpartner RheinEnergie AG an den einzelnen Projekten.