Freitag, 20. Oktober 2023

ADFC befürwortet Fahrradstraßen

So soll es sein: Links neben der gestrichelten Linie fahren, um Unfälle mit plötzlich öffnenden Autotüren zu vermeiden 

ADFC befürwortet Fahrradstraßen

Einladung zum Radfahren statt Konfrontation im Verkehr


Der Rheinbacher ADFC freut sich über die Ausweisung mehrerer Straßen in Rheinbach als Fahrradstraßen. „Das ist jetzt eine sichtbare Einladung zum Radfahren und ein guter Schritt zur Realisierung des Radroutenrings in der Rheinbacher Kernstadt“ lobt Dr. Stefanie Muth von der ADFC-Verkehrsplanungsgruppe die Fahrradstraßen.

Die ADFC Verkehrsplanungsgruppe in Rheinbach befuhr die neu ausgewiesenen Fahrradstraßen Kriegerstraße, Kleine Heeg, Bachstraße, Stadtpark und Turmstraße gezielt mit dem Rad und begrüßt vor allem die klaren, großen Piktogramme „Fahrradstraße“ zu Beginn jeden Abschnitts mitten auf der Straße und die Kenntlichmachung der Vorfahrtsberechtigung bei Einmündungen durch die rote Einfärbung der Fahrbahn.

Auch die gestrichelten Sicherheitstrennstreifen zu Parkplätzen findet der ADFC gut, hält aber eine offensive Aufklärung zum Sinn und Zweck dieser Linie für notwendig. „Viele meinen, die gestrichelte Linie sei eine Art Schutzstreifen, den der Radverkehr nutzen soll; aber das Gegenteil ist der Fall: Radfahrerinnen und Radfahrer sollen links vom Streifen eher mittig auf der Straße fahren, um so Unfälle mit aufgehenden Türen parkender Autos zu vermeiden, die leider öfter vorkommen, als man denkt und dann meist schwere Folgen haben“ wirbt Fritz Spiering vom ADFC für die Verwendung der Sicherheitstrennstreifen und das Fahren links neben dem Streifen.

Überrascht ist der ADFC, dass die Fahrradstraßen in jedem Abschnitt nur für den Anliegerverkehr freigegeben wurden. „In weit über 90% aller Fahrradstraßen in Deutschland ist der Kfz-Verkehr in irgendeiner Form in Fahrradstraßen zugelassen“, erläutert der Leiter der Verkehrsplanungsgruppe, Dr. Georg Wilmers, „die Beschränkung jetzt in Rheinbach auf Anlieger bedeutet jedoch, dass theoretisch keiner mehr durch eine der Fahrradstraßen mit dem Auto hindurchfahren darf, der nicht ein Anliegen hat, das mit einem Anliegergrundstück der Fahrradstraße zu tun hat, im Grunde also ein weitgehendes Fahrverbot für KFZ in den Fahrradstraßen.“

Der ADFC befürwortet zwar die Absicht und hatte früher sogar vorgeschlagen, die Kriegerstraße in Höhe des Zebrastreifens durch Poller für den Kfz-Verkehr zu sperren, um Kfz-Durchgangsverkehr unmöglich zu machen. Die jetzige Ausnahmebeschilderung wird aber nach Einschätzung des ADFC vom ortskundigen Autoverkehr nicht akzeptiert. Eine spontane Zählung in der Kriegerstraße an mehreren Abschnitten ergab, dass mehr als 90% des Autoverkehrs ohne erkennbares „Anliegen“ durch die Fahrradstraßen hindurchgefahren sind.

Der ADFC geht auch davon aus, dass die zuständige Polizei keine Zeit hat, um die Einhaltung der Ausnahmebeschilderung zu kontrollieren und zu gewährleisten. Der ADFC erwartet in der Praxis in Rheinbach im Grunde keine Änderung, allenfalls Ortsunkundige werden sich von „Anlieger frei“ davon abhalten lassen, die Fahrradstraßen zum Durchfahren zu nutzen.

„Freuen würden wir uns, wenn die Ausweisung der Fahrradstraßen mit der vorhandenen Beschilderung dazu führt, dass tatsächlich nicht schneller als 30 km/h gefahren wird und der Autoverkehr den Vorrang des Radverkehrs akzeptiert, entsprechend Rücksicht nimmt und nicht wie bisher erwartet, dass Radfahrerinnen und Radfahrer möglichst weit rechts fahren, um überholen zu können“ meint Miriam Wüscht vom ADFC, „die Durchsetzung eines Durchfahrtverbots in Form von „Anlieger frei“ für den Kfz-Verkehr ist uns demgegenüber weniger wichtig.“

Verkehrspolitisch betont der ADFC, dass die Fahrradstraßen in erster Linie als sichtbares und einladendes Angebot für die große Gruppe der Bevölkerung gedacht ist, die heute kaum oder nicht das Rad benutzt, sondern auch kurze Strecken in der Stadt eher mit dem Auto zurücklegt. „Alle wollen, dass der Anteil des Radverkehrs an der Gesamtheit aller Wege steigt. Um das zu erreichen, wollen wir in Rheinbach – anders als etwa in Bonn – den Autofahrerinnen und Autofahrern keine Fahrtmöglichkeiten wegnehmen, sondern die vorhandenen Möglichkeiten nutzen, den Menschen sichtbare und attraktive Straßen und Wege zum Radfahren anzubieten und so dazu einladen, für kurze Wege in der Stadt mehr das Rad statt das Auto zu nutzen“ erklärt Dr. Wilmers abschließend.