Samstag, 5. März 2022

Zur Entscheidung, kultur & gewerbe einzustellen

 

Mitgebracht vom Einkauf: Die neueste Ausgabe von kultur & gewerbe


Zur Entscheidung, kultur & gewerbe einzustellen

In der anhaltenden öffentlichen Diskussion zur Entscheidung, kultur & gewerbe am Jahresende einzustellen, sind die Argumente derer, die im Stadtrat dagegen waren, bislang kaum sichtbar geworden.
Es waren 5 Ratsmitglieder dagegen, kultur & gewerbe einzustellen. Alle Fünf waren von der SPD, so dass eine Mehrheit der SPD-Fraktion gegen die Einstellung votierte, und zwar u.a. aus folgenden Gründen:

  • Mehr als 10% aller Rheinbacher*innen lesen in einer Ausgabe von kultur & gewerbe. Mit der Einstellung wird eine stabile Kommunikationsbeziehung in Papierform zerstört.
  • Ein Referatsleiter der Stadt Köln berichtete im Haupt- und Finanzausschuss im Oktober 2021 über seine Erfahrungen zum Thema „Erfolgreiche Öffentlichkeitsbeteiligung“. Dabei betonte er ausdrücklich, wie überraschend wirksam sich trotz aller digitalen Möglichkeiten Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten in Papierform erwiesen haben. Genau eine solche Möglichkeit in Papierform, noch dazu in bekannter und bewährter Form, wird mit der Einstellung von kultur&gewerbe nun aufgegeben, obwohl die Beteiligung der Öffentlichkeit an wichtigen Entscheidungen in Rheinbach erklärtermaßen verbessert werden soll.
  • Die Gewerbetreibenden haben zukünftig auf ihrer Ladentheke nicht mehr kultur&gewerbe liegen zur kostenlosen Mitnahme. Ein Grund weniger, vor Ort einzukaufen statt im Internet. Es hat seinen guten Grund, warum die Apotheken nicht auf die Idee kommen, auf die Apotheken-Umschau als gedrucktes Exemplar zu Gunsten einer Mitteilung der Inhalte im Internet zu verzichten, obwohl die Herstellung vermutlich ähnlich kostspielig ist wie bei kultur&gewerbe. 
  • Papier zu Altpapier zu machen, wie es bei einem Printmedium wie kultur & gewerbe der Fall ist, produziert zweifelsohne klimaschädliches Kohlendioxid. Skepsis ist aber angesagt, ob dadurch weniger Kohlendioxid produziert wird als bei der Lektüre der Inhalte von kultur & gewerbe im Internet. Der Energieverbrauch von Handys und PC’s bei der Internetnutzung ist beachtlich, hinzu kommen die Energieverbräuche für das Vorhalten der Informationen in Rechenzentren, die ständig gekühlt werden müssen. Auch die Herstellung und spätere Entsorgung der Hardware für Endgeräte, Netze und Server ist mit der Emission von Treibhausgasen verbunden. 
  • Es wird behauptet, die Digitalisierung der Inhalte von kultur & gewerbe sei angesichts der heutigen Internet-Nutzung vorteilhaft. Die große Mehrzahl der Rheinbacher*innen ist sicherlich in der Lage, ins Internet zu kommen, sei es mit einem Handy oder mit einem Computer. Das heißt aber noch lange nicht, dass damit auch die Bereitschaft besteht, sich das, was man in kultur & gewerbe heute in Papierform lesen kann, sich nun im Internet auch nur anzusehen oder gar zusammenzusuchen. Es besteht die Gefahr, dass wir immer mehr zu einer anonymen Stadt werden, in der die Regelung der Dinge, die alle angehen, in einen beschränkten Kreis Interessierter im Internet verlagert wird und zu einer zunehmenden Entfremdung der Stadtgesellschaft von Verwaltung und Politik führt.


Kritik am Verfahren gibt es diesmal nicht. Das Thema wurde in der Haupt- und Finanzaus-schusssitzung Ende Januar intensiv erörtert, wenngleich hinter verschlossenen Türen.

In der Sitzung des Stadtrates wurde das Thema auf Initiative der SPD hin in öffentlicher Sitzung behandelt und entschieden, auch wenn das im Ratsinformationssystem noch anders aussieht.

Es gibt Gründe für und gegen die Entscheidung. Die Gründe, die für die Einstellung von kultur & gewerbe sprechen, waren in einer Vorlage des Bürgermeisters dargelegt. Gründe dagegen wurden in beiden Sitzungen, in denen darüber diskutiert wurde, vorgebracht und diskutiert.

Mehrheitsentscheidungen gehören zur Demokratie dazu und sind o.k., wenn sie in einem seriösen Verfahren gefällt wurden.

Bürgerinnen und Bürgern, die die Entscheidung für falsch halten, können sich für eine andere Entscheidung auf verschiedenen Wegen einsetzen. Dies passiert und zeigt, dass unsere freiheitliche Demokratie funktioniert.