Permafrost im Hochgebirge
Der „Leim der Alpen" löst sich auf.
Ist der Titel von Joachim Willes Artikel in „klimareporter“
Es geht im Wesentlichen darum, ob und wie der Klimawandel die Situation in der Hochgebirgswelt verändert. Anlass für den Artikel war der Bergsturz im schweizerischen Blatten.
So glücklich die Bürger Blattens, das furchtbare Unglück überlebt zu haben, weil sie gerade noch rechtzeitig evakuiert und nicht verschüttet wurden.
So furchtbar muss für sie der Verlust des Heimatdorfes sein und die bange Frage, ob sie jemals das Dorf auf dem Schutt und Geröll wieder zu neuem Leben erwecken können.
Wahrscheinlich nicht mehr rückholbar ist, was zu jedem Haushalt gehört. Die Blattener hatten nur 15 Minuten, um ihr Dorf zu verlassen. Was kann man schon in 15 Minuten einpacken und mitnehmen? Die komplette Familiengeschichte inklusive Möbel, auch geebte. Familiendokumente, Fotos und was den Menschen sonst noch wichtig ist, liegt alles unter dem Material des Bergsturzes begraben.
Drei Evakuierte nahe 80 oder über 80 Jahre berichten, sie hätten fast nur die Kleider am Leib mitnehmen können. Nahezu alles, was ihnen lieb und teuer war, hätten sie verloren: Fotos, Briefe, Dokumente über Hochzeit und Geburt. Die Erinnerungen. Die Heimat.
Die materiellen Schäden betragen mehrere Hundert Millionen Euro schätzt der Schweizerische Versicherungsverband.
Etwa drei Millionen Kubikmeter Gestein und Gletschereis stürzten auf das Dorf im Lötschental.
Mit Sicherheit haben die durch den Klimawandel erhöhten Temperaturen eine bedeutende Rolle gespielt. In den Alpen war der Anstieg gegenüber den Temperaturen in der Mitte des 19. Jahrhunderts 2°, hingegen im globalen Durchschnitt derzeit 1,5°. Als Folge verlieren die Gletscher weltweit massiv an Masse und ziehen sich in höhere Regionen zurück. Wichtiger für den Bergsturz von Blatten ist der Permafrost. Der auftauende Permafrost führt in den hochalpinen Regionen weltweit zu Erdrutschen, Murgängen und eben zu Bergstürzen. Permafrost entsteht auf Böden, deren Temperatur mindestens 2 Jahre nacheinander unter 0 °C liegt. Permafrost „kittet“ den Boden, Schutthalden oder Felswände.
Der „Kitt“ verschwindet nicht von jetzt auf gleich. Der Prozess ist schleichend, bis der „Kitt“ der den Schutt, das Geröll und die großen Blöcke zusammenhält, sich so weit aufgelöst hat, dass der Berg bricht.
Man kann sich das vorstellen wie einen Stab, der sich „gutmütig“ biegt, bis er bricht. Der Stab bricht, wenn die Biegekraft die Elastizität des Stabes übersteigt, der Berg bricht wenn der flüssig gewordenen Permafrost auftaut. Beanspruchter Stab und Berg ohne „Kitt“ sind dynamische Systeme. Solche können bei Überbeanspruchung chaotisch reagieren. Die Bifurkation ist ein mathematisches Modell zur Verdeutlichung:

Dynamische Systeme können ihren Zustand unmittelbar ändern. Sie können dann ins Chaos übergehen, der Stab unter der Biegekraft, aktuell der Permafrost unter Temperaturstress. Der Graf stellt in der Waagerechten den zeitlichen Verlauf der Änderung am System dar, der Biegekraft am Stab, der Temperatur im Permafrost. Die Senkrechte zeigt die Wirkung auf das System, auf die Spannung im Stab, auf das Tauen des Permafrostes. Der Prozess verläuft zunächst relativ „friedlich“, bis das System plötzlich ins Chaos stürzt. Der Stab bricht bei bestimmter Belastung, der Berg stürzt, wenn der Kitt nicht mehr hält. Das System kann zunächst zwei verschiedene Zustände annehmen, im Graf den unteren oder oberen, wobei nie feststellbar ist, wo sich das System aufhält. Im zeitlichen Verlauf verhält sich das System immer chaotischer. Der Stab bricht, der Berg stürzt.
Damit soll nicht behauptet werden, dass beim Stab allein die Biegehraft für das Brechen und beim Berg der auftauende Permafrost die alleinige Ursachen sind. Der Ausschlag für den Bruch oder den Sturz kann aber die Kraft oder das flüssige Wasser als „Schmiermittel“ im Boden sein.
20 bis 25 Prozent der Landfläche der Erde sind ständig gefroren. Der größte Teil liegt auf der Nordhalbkugel. Überall dort, wo der Permafrost in den Hochgebirgen vorkommt, also auch in denen der Südhalbkugel, waren gewaltige Bergstürze schon immer eine Gefahr. Bergstürze werden häufiger und gewaltiger mit dem Auftauen des Permafrostes. Nicht in allen Regionen der Welt können die Menschen frühzeitig gewarnt und in Sicherheit gebracht werden, wie in Blatten.
Im indischen Gebiet des Himalaja kamen 2021 mehr als 200 Menschen bei einem Bergsturz ums Leben.
Es trifft mal wieder die Menschen, die am wenigsten zum Klimawandel und damit zum Tauen der Permafrostböden beitragen und insbesondere beigetragen haben.
Zu wenig Menschen begreifen es oder ignorieren es (bei Trump ist es Dummheit).
Die treibende Kraft der Änderung des Klimas ist die Änderung der globalen Temperatur. Die treibende Kraft für die Erhöhung der globalen Temperatur ist das seit mehr als 200 Jahren das exponentielle Wachstum des CO₂ in der Atmosphäre. Die treibende Kraft der Änderung des CO₂-Gehaltes sind die menschlichen Aktivitäten mit dem Verbrennen der aus dem Boden gerissenen fossilen Stoffe, die sich über Millionen oder hunderte Millionen Jahre gebildet haben und dort sicher gelagert waren. Die treibende Kraft der Verbrennung sind die selbst ernannten „entwickelten“ Menschen der Industrienationen.
Zum Ansehen / Lesen:
https://www.3sat.de/wissen/nano/250605-sendung--blatten-gletscher-bergsturz-wie-lange-sind-alpendoerfer-noch-sicher-nano-100.htmlhttps://www.3sat.de/wissen/nano/250612-sendung-gletscherabbruch-bergsturz-wallis-blatten-wiederaufbau-nicht-moeglich-nano-100.htmlhttps://www.srf.ch/news/schweiz/naturgefahren-in-der-schweiz-die-folgenschwersten-bergstuerze-der-letzten-25-jahrehttps://www.alpenverein.de/artikel/gletscherruckgang-und-tauender-permafrost_62c205da-6a43-44a0-acae-dd875bf581ab